Im Jahre 1889 erwirbt Caspar Manz ein als höchst spekulativ gewertetes, kleines Objekt am damaligen Stadtrand und in einem noch ziemlich unbedeutenden Stadtteil von Zürich. Das Hotel St. Gotthard war geboren. Um für das neue kleine Hotel St. Gotthard zu werben, reist Caspar Manz viel nach Amerika...
1889 bestand das Hotel St. Gotthard aus lediglich einem kleinen Gebäude. Bereits ein Jahr später, im Jahr 1890, kauft Caspar Manz das rückseitige Nachbaranwesen an der Schützengasse 15, was er dem kleinen Hotel angliedert. 1898 erfolgt der Kauf des „Hotel de l’Europe“ auf der Schützengasse 17. Auch dieses dient der erneuten Vergrösserung des Stammhauses St. Gotthard. Im Jahr 1907 bilden bereits fünf Häuser einen grossen Hotelkomplex.
Ernst Manz, Caspar Manz` Sohn, heiratet im Jahr 1909 Gertrud Meisten. Im gleichen Jahr sterben seine Eltern. Ein Jahr darauf, im Jahr 1910, übernimmt Ernst Manz als alleiniger Besitzer das Hotel St. Gotthard. Unter seiner Geschäftsführung erleben die fünf zusammengebauten, ehemals individuellen Häuser zahlreiche Erneuerungsphasen. In den kommenden zwei Jahrzehnten folgen Erster Weltkrieg und Weltwirtschaftskrise mit einhergehenden weltweiten Rezessionen. Dennoch realisiert Ernst Manz immer wieder und je nach finanziellen Möglichkeiten die neuesten Errungenschaften im Trend der Zeit.
Bereits im Jahr 1913 stehen den Gästen in den Zimmern fliessend Warmwasser zur Verfügung. 1914 entsteht die eigene Weltkellerei und Weinhandlung St. Gotthard. Im Jahr 1920 werden erste Zimmertelefone installiert und Etagenbadezimmer eingeführt. Um 1929 wird das Hotel renoviert. Ein kostspieliges Unterfangen in der Folge der Weltwirtschaftskrise und einer Rezession in der Schweiz. Trotz der schwierigen Umstände geht der Ausbau des Hotels weiter. Nach und nach und bis 1959 werden alle Zimmer mit Privatbadezimmern ausgestattet. Damals ein ungewohnter Luxus.
1935 kreiert Ernst Manz die Hummer- und Austernbar im damaligen Zuftsäli. Zu dieser Zeit ist er damit der erste in Zürich, der die köstlichen Meeresfrüchte anbietet. Eine gastronomische Pionierleistung. Der Ursprungsgedanke war, einen Ort zum Leben zu erwecken, in welchem Geniesser schwelgen würden. Dazu musste ein neues Ambiente kreiert werden. Und natürlich durften sowohl die Französische Küche als auch gute Bordeaux-Weine nicht fehlen. Es entstand die Hummerbar.
Caspar E. Manz, Sohn des Gründers Ernst Manz, erinnert sich in seinem Buch über das 100-jährige Bestehen des Hotels:
Die ersten 100 Austern, die angeboten wurden, sind zum Grossteil von mir und meinem Vater verspeist worden. Das Problem am Anfang war nämlich, dass die Schweizer Austern nicht kannten und mit ihnen nichts anzufangen wussten. Doch jetzt wissen alle Schweizer was Austern sind und wir haben das Unsrige dazu beigetragen. Im Jahre 2000 wurden in der Hummerbar über 100'000 Austern durch Gäste „verschlürft“ und man kann somit sagen, dass die Hummerbar einen weltweiten Ruf in der Gastronomie aufgebaut hat."
Caspar E. Manz wurde 1923 als jüngstes von fünf Kindern und einziger Sohn von Ernst und Gertrud Manz geboren. Die Leidenschaft für die Hotellerie wurde dem kleinen Caspar sozusagen in die Wiege gelegt – und in der Tat verschrieb er sich seinem Beruf mit Leib und Seele.
Caspar E. Manz absolviert zunächst eine Ausbildung zum Hotelier. Danach folgen längere Studien- und Erfahrungsaufenthalte in verschiedenen Ländern. Mit 23 kommandiert er die Eskorte, die Churchill durch die Stadt Bern geleitet. 1950 tritt er in den elterlichen Betrieb ein und übernimmt 1951 die Direktion des St. Gotthard. Als in erster Linie Gastgeber stellt er das Interesse seiner Gäste über alles, kennt die Namen aller Gäste und deren Vorlieben. Unter der Führung von Caspar E. Manz werden um 1950 in den Personalumkleideräumen Duschen installiert. Es entsteht eine ganz neue Etage - der fünfte Stock mit 28 Gästezimmern wird auf das Hotel St. Gotthard aufgebaut. 1952 heiratet Caspar E. Manz und es entstehen vier Kinder.
1956 führt er das Wienercafé St. Gotthard und Boulevardcafé als Strassencafé ein, die sich zu einer Zürcher Institution entwickeln. 1957 stirbt sein Vater und er übernimmt das Hotel St. Gotthard. Als weitere kulinarische Adresse entsteht das Fischrestaurant Bouillabaisse um 1960. In den folgenden Jahren baut Caspar E. Manz das kleine Familienunternehmen zu einem Imperium mit 50 Betrieben aus. Zwischen 1970 und 1981 kauft er die 4- und 5-Sterne Hotels Continental in Lausanne, De la Paix in Genf und das Hotel Euler in Basel. 1959 expandiert er ins Ausland und gründet die CEM-Inter Ecuador und die Hotel Oro Verde Gruppe. 1971 trifft ihn ein Schicksalsschlag, der ihm schwer zu schaffen macht. Er verliert seine Frau und Mutter seiner vier Kinder bei einem Reitunfall.
Sein Glück fand er dank Ljuba Manz-Lurje wieder. Ljuba wendet sich 1973 als junge Delikatessenhändlerin an den damals berühmtesten Austern-Importeur des Landes, Caspar E. Manz, und versucht, ihm ihre eigenen Austern schmackhaft zu machen – ein wahrhaft visionäres Unterfangen und Ausdruck robusten Selbstbewusstseins.
Caspar E. Manz erinnert sich, wie an einem
«wunderschönen Sonntagmorgen» bei ihm im Pariser Hotel Crillon das Telefon läutete. «Eine hübsche weibliche Stimme redet in resolutem Tonfall auf mich ein: Ich möge verzeihen, dass sie am Sonntag . . ., aber ich sei ja nie zu erreichen. Was sie mir sagt, ist nicht sehr interessant für mich: Sie will mir Austern verkaufen. Aber wie sie es sagt, diese Stimme, die hält mich fest.» An einem schicksalhaften Freitag, den 13., im Jahr 1973 gewährt Caspar E. Manz der jungen unbekannten Delikatessenhändlerin ein Treffen in der Zürcher Hummerbar. «Ja, sagen Sie Fräulein, wie ist es möglich, dass Sie die Austern billiger verkaufen als ich? Sie importieren sie doch auch. Und wie Sie mir gesagt haben, auch vom selben Importeur?» Wieder redet sie hochtourig auf ihn ein, während er sie nur anschaut und denkt: «Verdammt hübsch, verdammt gescheit! Caspar, Caspar, du bist verloren und gleichzeitig gerettet."
Egal, ob das Geheimnis der Fischverkäuferin – Ljuba legte in ihrer Mischkalkulation bei den Austern Geld drauf, das sie beim Hummer wieder hereinholen wollte – damals gelüftet wurde oder nicht: Es war der Beginn einer grossen Liebe. Am 14. August 1974 schlossen Caspar E. Manz und Ljuba Manz-Lurje den Lebensbund. Ljuba Manz-Lurje übernahm die Schlüsselrolle in seinem privaten und beruflichen Leben und unterstützte ihn fortan tatkräftig. Caspar E. Manz erinnert sich: «Ljuba sah sich im ‹St. Gotthard› um. Ihre Auffassung war brillant. Sie lernte rasch, ich konnte sie bald in vielem um Rat fragen.» 1987 übergab er seiner Gattin die Gesamtleitung der Unternehmung.
Am 22. Juni 1980 werden die Zwillingssöhne Alexander und Michael in die Hoteldynastie Manz geboren. 1987 überträgt Caspar E. Manz seiner Frau Ljuba Manz-Lurje die Leitung der Hotelgruppe. 1989 wird aus CEM „Manz Privacy Hotels & Gastronomie» mit dem Flaggschiff Hotel St. Gotthard in Zürich. Dazu gehören heute das 4 Sterne Hotel Euler in Basel, das 4 Sterne Hotel Metropol in Basel, das 3 Sterne Hotel City Inn in Basel, das 4 Sterne Hotel Continental in Lausanne und das 5 Sterne Luxus Hotel De La Paix in Genf.
Als letzten grossen Meilenstein durfte Caspar E. Manz im Juni 2009 das 120-jährige Jubiläum des Hotel St. Gotthard feiern. Es ist der Verdienst von Caspar E. Manz und seiner Gattin Ljuba Manz-Lurje, dass die Manz Privacy Hotels Switzerland heute eine der letzten Schweizer Hotelgruppen im gehobenen Segment ist. Als einer der letzten grossen Hoteliers, verstarb Caspar E. Manz 2010 im Alter von 87 Jahren.
Auch prominente Persönlichkeiten fühlen sich seit Generationen wohl im Hotel St. Gotthard. Namen berühmter Gäste lesen sich wie ein «Who is Who» des 20. Jahrhunderts. So trafen sich während des Zweiten Weltkrieges US-General Eisenhower und der englische Feldmarschall Montgomery 1942 zu geheimen Gesprächen im Hotel St. Gotthard.
Das berühmte Hotel St. Gotthard mit seiner Hummerbar empfing und beherbergte unternehmerische und politische Grössen wie Henri Guisan und Henry Kissinger, den Dalai Lama, Prinz Aga Khan (Schah von Persien), Prinzesin Soraya, Erzherzogin Martha von Bourbon-Parma, Walter Scheel (deutscher Politiker) und Richard Robert Sprüngli (Schweizer Unternehmer). Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler war ein oft und gern gesehener Gast in der Hummer- und Austernbar.
Auch internationale Künstlergrössen, Musiker, Komponisten, Schauspieler, Regisseure und Schriftsteller wurden über die Jahre immer wieder von Familie Manz im Hotel St. Gotthard empfangen: Arnold Schwarzenegger, Sergio Leone, Orson Welles, Lili Palmer, Maurice Chevalier, die Schriftsteller Erich Kästner, Erich Maria Remarque und Alexander Solschenyzin und Musiker José Carreras, Udo Jürgens, Maria Callas, Igor Strawinsky und Isaac Stern.